Essay und Rezensionen


Zensiert die Sprache unser Denken?

Relativ- und Fragesätze in deutschen Großstädten

in: Kalmenzone 13 Bonn 2018


Sprache als Mittel der Fortbewegung

über Japan und Japanisch

in: Kalmenzone 12 Bonn 2017


Wir werden geschrieben in einer Meerenge

über Peter Pionteks Gedichtband "Graue Küste, Gegenlicht"

in: Berichte aus der Werkstatt Bordenau 2016


Esel und Beichte

über Ekatarine Gabaschwilis "Magdanas Esel" und Tschola Lomatidses "Die Beichte"

in: Matrix 44, Ludwigsburg 2016
auch auf: Kaukasische Literaturen - Steffi Chotawari-Jünger


Temeswar, traumhaft und politisch

über Traian Pop Traians Gedichtband "Die 53. Woche"

in: Matrix 39, Ludwigsburg 2015


Versöhnung auf Sprachebene

über Bert Strebes Gedichtband "Monologe mit Maria"

in: Matrix 39, Ludwigsburg 2015


Die Hülle als Zeichen

über Peter Marggrafs neue Zeichnungen "Die Angst vor dem Weggehen"

in: Berichte aus der Werkstatt, Hrsg. Peter Marggraf, Bordenau 2014


Findet das Heute überhaupt statt?

(…) Die Idee der Schnelligkeit, die ein Computer im Gegensatz zu einer Schreibmaschine ermöglicht, ist, zumindest was das Dichten betrifft, von keinerlei Interesse (…)

(mehr) / KUNO Essaypreis 2013, auf: KUNO - Kulturnotizen zu Kunst, Musik und Poesie, 2013


Verschleppte Nacht oder: Herr Khazai

(…) Ich betrat also ein Gebiet, an dem die meisten Hannoveraner schon unzählige Male vorbeigefahren sind, ohne einen Fuß hineingesetzt zu haben. Von den Gerbern oder Färbern, die hier im 18. Jhd. in Gartenhäusern gewohnt haben hat dieses Viertel seinen Namen, und während es damals ein Vorort war, gehört es jetzt zur Stadtmitte, ohne dass sich an seiner Abgeschlossenheit etwas geändert hätte. (…)

(mehr) / auf: KUNO - Kulturnotizen zu Kunst, Musik und Poesie, 2013 / in: Vom Zustand der Welt um 4 Uhr 35, Pop Verlag, Ludwigsburg 2016 (siehe auch Einzelveröffentlichung)


Alles fließt!

(…) Um diese Uhrzeit auf jemanden zu warten, geht eigentlich nicht. Vielleicht wenn man bei der Polizei arbeitet oder jemanden umbringen will. Es war schweinekalt und ich war ein bisschen aufgeregt, weil ich Enzo ewig nicht gesehen hatte und früher mal in ihn verliebt war. (…)

(mehr) / auf: KUNO - Kulturnotizen zu Kunst, Musik und Poesie, 2013 / in: Vom Zustand der Welt um 4 Uhr 35, Pop Verlag, Ludwigsburg 2016 (siehe auch Einzelveröffentlichung)


"Atomatisiert mitten im Satzgebilde"

Wi(e)der sprechen können - über Matrix 28 und Theo Breuers "Atmendes Alphabet für Friederike Mayröcker"

(…) Beame mich ins Vorwort, in den Vorort dieser Text-Stadt, wo Theo Breuer Mayröckers Gedicht 'Tiergarten Berlin ca. ’71', für Ernst Jandl zitiert. (Nun will ich diesem Essay rückwirkend den Titel WI(E)DER SPRECHEN KÖNNEN geben, denn nach jahrelangem Irrglauben, ich bräuchte zum Schreiben ein Konzept, beginne ich zu ahnen: Ich brauche Herz und Verstand, Hand und Fuß, Nadel und Faden.) In diesem ›wunderbaren‹ Gedicht entsteht durch Reibung der Wörter ›Lassen‹ und ›Fassen‹, nämlich: Lass ihn (den Hasen, du könntest krank werden) und fass ihn (den Hasen, und beschütze ihn), ein Gänsehaut erzeugender Ton. Wie das aushalten?! Wie Liebe aushalten? (…)

(…)»Schonn klar« (Floskel der Kinder): Das wird nicht (auf)geklärt, so, wie der Tod nicht aufgeklärt wird. Aber ich muss weiterlesen. Um irgendwann wieder beim Hasen anzukommen (und darüber hinaus). Um zwischen Gedichten, Briefen, Filmen, Erinnerungen, Bildern, Interviews, Gedanken, Erzählungen, Begegnungen und Collagen beispielsweise einen Wecker zu finden, mit mayröckerscher Zeit, die den einen Flügel in die Vergangenheit, den anderen in die Zukunft spannt. (…)

(mehr) auf: Fixpoetry (www.fixpoetry.com) 2012
/ auf: KUNO - Kulturnotizen zu Kunst, Musik und Poesie, 2012 / auch Teil eines Essays in: Matrix 30, Ludwigsburg 2012


Parcour der letzten Dinge (über Caroline Hartges Gedichtband "Lose Wolken")

Wie lange wollen wir noch leben, wie lange sind wir noch wach, wie könnte es anders sein, wie besser, wie wahr, wer hat darüber nachgedacht, bis zuletzt, wo ist das Letzte, wer schleicht durchs Haus? Es ist dunkel, und ich denke an Andenken, ich schwenke von Furcht zu Tadel, ich senke, gäbe es kein A in der Reihe der sich beugenden Verben, ich sinke, wie so manches in Caroline Hartges Gedichten: in den Schlaf, auf den Boden, auf den Grund der Tatsachen, in mich hinein, ich sinke, singen wir, ich sehne ... ich sehe, dass diese Texte von der Sehnsucht handeln. Es ist eine Sehnsucht, die nicht gestillt werden kann, darf, muss. Wer die Sehnsucht hat, geht weiter. Und dass es weitergeht, ist vielleicht der Sinn. Wir wissen nichts. Wir trösten uns. (…)

(mehr) / auf: Fixpoetry, 2012 (www.fixpoetry.com)


22mal WIR / 26mal SCHLACHT - Wortkräuter zur Gesundung in Theo Breuers Gedichtbuch "Das gewonnene Alphabet"

Dieses lyrische Lexikon, dieses Gedichtwörterbuch, dieses schäckernde Dichtwerk kommt gerade recht, mir den Herbst zu versüßen. Süßes zum Herbst? Herbes zum Herbst? "Jedes jedes jedes" Jahr hole ich mir (wo bloß?) eine fette Erkältung, verkriech mich, notgedrungen, mit einem ›guten Buch‹ ins warme Bett.

auf: poetenladen.de, 2012 (mehr)


Anordnungen - Im Stellwerk der Poesie von Hans Georg Bulla

(mehr) / auf: KUNO - Kulturnotizen zu Kunst, Musik und Poesie, 2012 / auf: satt.org 2012 (mehr)


Ein Buch ist eine Stadt

Am 26.08.2012 um 17:34 landete ich in CYBERSPASZ, einem Buch, das eigentlich eine Stadt ist, eine MIGROPOLE, ein WOHNMEER, durchschnitten von Magistralen, ein Gedicht, eine Erfindung, zu real, um darin zu leben, der Asphalt schmilzt, es brennt an jeder Ecke, die Tage sind dünn, wie Zelluloid, unter den Milchglastischen liegen blaue Blumen oder tote Hasen, und wer nicht von herabfallenden Ziegelsteinen erschlagen wird, wird es von der Anzahl der Netzanbieter. (…)

(mehr) / auf: Fixpoetry (www.fixpoetry.com) 2012


Die Farben der Bücher und des japanischen Himmels

Vor mir liegen ein dunkelblaues Buch und ein dunkelrotes Buch. Die Früchte des Sommers tragen diese Farben – Blaubeere und eine in hiesigen Breitengraden noch zu entdeckende Frucht zwischen Brom- und Himbeere. Ich lese die Bücher parallel, irgendwie gehören sie zusammen, ahne ich, behaupte ich, befruchten einander mit Wörtern. Das blaue Buch ist Hans-Jost Freys 1998 publiziertes "Lesen und Schreiben", das rote heißt "Versnetze_fünf. Deutschsprachige Lyrik der Gegenwart" und ist im August 2012 erschienen. (…)

(mehr) / auf: KUNO - Kulturnotizen zu Kunst, Musik und Poesie, 2012


Über das Verschwinden, Teil 1 - 2

Wir stehen an der Ablagestelle Südbahnhof und warten auf unsere Zeitungen. Es ist mal wieder so eine Nacht, in der man es nicht richtig machen kann: am Vortag wurde uns eine Resthaushaltsverteilung des Kunden Ibo angekündigt. In 50% der Fälle werden an so einem Tag die Zeitungen später angeliefert, kommen sie allerdings pünktlich, so kann man mit ein bisschen Anstrengung seine Tour sogar in der vorgegebenen Zeit schaffen. Die meisten sind daher zu einer mittleren Zeit gekommen, zwischen 4 und halb 5. Bis auf Eva, die sich in einem Anfall von Wahnsinn, (und evtl. unter dem Namen ihres Mannes) 3 Touren aufgehalst hat und immer um viertel nach 3 da sein muss, um überhaupt eine Chance zu haben. (…)

(mehr) / auf: KUNO - Kulturnotizen zu Kunst, Musik und Poesie, 2012 / in: Vom Zustand der Welt um 4 Uhr 35, Pop Verlag, Ludwigsburg 2016 (siehe auch Einzelveröffentlichung)


Die "Nacht" des Alfred Alvarez

(…) "Wisst ihr, wie dunkel die Nacht gewesen ist, bevor es Kerzen oder Öllampen gab?", begann ich zu erzählen, während die Männer Feuer machten und Kartoffeln schälten. "Und womit die Menschen sich Licht gemacht haben?" — "Sie zündeten getrocknete, ölige Fische oder Vögel an, die sie auf Pfähle steckten."

Im flackernden Licht des kleinen Feuers, sah ich den Unglauben auf den Gesichtern meiner Zuhörer, aber auch, dass sie sich vorzustellen suchten, wie das wohl ausgesehen und gerochen haben mochte. (…)

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Meine erste Schallplatte, oder Mister B

Meine erste Schallplatte war die erste Schallplatte meines Freundes, weil wir immer zusammen Musik hörten. Wir waren 10 Jahre alt und seit der Grundschule die dicksten Freunde, was teilweise zu Hänseleien führte — er ein Junge, ich ein Mädchen. Andi kam mitten in der 2. Klasse zu uns, weil seine Familie ins Dorf zog. Er fand nicht leicht Anschluss. Ich aber liebte ihn vom ersten Augenblick an. Er war jemand, der sich in den Pausen immer unter dem Tisch versteckte und die Ohren zuhielt, weil es so laut war. Das verstand ich gut. In der Schule war nur Lärm. Wir aber suchten MUSIK. (…)

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Atemlos - Auf der Suche nach Matrix 28

Heute hatte ich eine ›kühne‹ Idee: Ich wollte nach über zehn Jahren mal wieder eine Buchhandlung besuchen…

(mehr) / auf: KUNO - Kulturnotizen zu Kunst, Musik und Poesie, 2012 / in: Matrix 30, Ludwigsburg 2012


Calenberger Nacht, Teil 1 - 2

Das Telefon klingelt mich aus dem Schlaf. Es ist meine Chefin, die einen neuen Auftrag für mich hat … Wahrscheinlich fangen so nicht wenige Romane an, schlechte Krimis auf jeden Fall, Essays selten, es sei denn, sie handeln von der Müdigkeit…

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Über das Wesen des Radfahrers

… Die Art seiner Fortbewegung geschieht im Kopf. Was nicht heißen soll, dass er nicht hinfallen kann…

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Diskrete Mathematik 1 - 3

…Wissenschaftler vermuten, dass die Eignung des Namens einen erheblichen Einfluß auf die Einschlafgeschwindigkeit von Kleinkindern hat; wenn zum Beispiel ein Kind Christine heißt und den i-Laut als unangenehm grell empfindet, kann die Diskrepanz zwischen dem den ganzen Tag über gehörten Namen und dem eigenen Wohlbefinden einen äußerst unruhigen Schlaf hervorrufen, und weil Schlafen mit Fliegen vergleichbar ist, wäre somit die ballistische Linie empfindlich gestört. Aber hieße das nicht, mit zu viel Realismus die Sache betrachten? Oder handelt es sich hier sogar um einen klassischen Fall von Koinzidenz? Diese Grübelei nun ließ mich natürlich nicht zum Schlafen kommen, und mein Sohn betrachtete die ganze Zeit seine linke Hand, als gehöre sie nicht zu ihm…

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Der Geburtstag meiner Russischlehrerin oder: Die Vase bleibt

Die Dimensionen von St. Petersburg

Ich war in St. Petersburg auf der Sprachenschule. Ich hatte eine nette Unterkunft bei einer Gastfamilie in einem dieser vorgelagerten Stadtteile, die nur aus Hochhäusern bestehen, vorgelagert wie das Meer, aber das Meer war noch weiter draußen bzw. fraß sich in die Stadt, in Form der Newa. Wer sich eine Vorstellung von den russischen Dimensionen machen will, dem sei gesagt, dass ich bei meiner Ankunft in dieser Stadt die Fontanka (einen kleinen Seitenarm der Newa) für die Newa hielt, und als ich dann die Newa sah, dachte ich, ich sei am Meer!.

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Das Licht ist mein Thema, nicht der Himmel oder: Ilya Kabakov und das Licht auf meiner Posttour

für Theo Breuer zum Geburtstag

himmel – ein widriges wort, sagst Du in einem Gedicht, und ich habe meine ›Versuche über den Himmel‹ erstmal aufgegeben, als ich merke, dass das Licht, das aus ihm dieser Tage hervorbricht, viel interessanter ist. Heute beginne ich mit einer Vertretungstour auf der in der Nord-Süd-Achse ausgerichteten Sallstraße, fange ohne Mütze an, kein Schatten, Hochnebel, dann, ungefähr ab Nummer 25, halte ich’s nicht mehr aus, da hilft auch nicht der Gedanke, dass es nachher wärmer wird, ich setze die Mütze auf, und setze sie erst wieder ab, als ich auf der gegenüberliegenden Seite schon wieder fast am südlichen Ende bin. Inzwischen scheint mir die Sonne geradewegs in den Kopf, wenn das Licht so blendet, fühle ich mich auf mich selbst zurückgeworfen, einsam. Das ist besonders absurd, weil um diese Uhrzeit die Sallstraße in Hannover geradezu pulsiert vor Leben, die Bushaltestellen sieht man vor Menschen nicht, Schulkinder treten sich heimwärts, kein Geschäft, das jetzt noch oder schon wieder geschlossen hat, die Autos stehen lange an den Kreuzungen, aus den Seitenstraßen eilen die letzten Langschläfer zum Bäcker … und ich denke nur daran, endlich in die Geibelstraße abzubiegen …

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