Lyrik



Den ganzen Tag über brennen die Straßenlampen

Christine Kappe - Gedichte
edition offenes feld, Dortmund 2022

"Wovon lebt der Mensch, was braucht er zum Leben? Diese Fragen stellt sich das Personal in Christine Kappes erzählerischen Gedichten. Mit tiefenscharfem Blick und nicht selten bitterem Humor entwirft die Autorin alltägliche Szenen, die das Bemühen um Liebe, Verständnis und manchmal einfach auch nur das simple Überleben ausleuchten. Kappes mitfühlende Nähe zu ihren Protagonisten läßt deren Scheitern bedeutend erscheinen und gewinnt ihm poetische Momente und seltene Einblicke ab, die unsere verworrene Welt erträglicher machen." (Herausgeber Jürgen Brôcan)

Wie kann das sein

Christine Kappe - Gedichte
Peter Marggraf - eine Radierung
San Marco Handpresse, Bordenau 2013

Dieses Buch wurde im Sommer 2013 auf der Linotype aus der Bodoni, 12 Punkt, gesetzt und auf einer Handpresse gedruckt. Es wurden 30 Bücher hergestellt. 26 Exemplare sind von 1/26 bis 26/26 numeriert, vier Künstlerexemplare sind mit e.a.1 bis e.a.4 bezeichnet. Die Bücher wurden auf 150 gr/qm Bütten der Papiermühle Zerkall gedruckt, die Radierungen auf 300 gr/qm Kupferdruck-Bütten der Firma Hahnemühle. Die Gedichte von Christine Kappe erscheinen in einer Reihe von Erstveröffentlichungen, die in loser Folge von Hans Georg Bulla für die San Marco Handpresse lektoriert und herausgegeben werden.

Dieser Band ist bereits vergriffen. Ansichtsexemplare in folgenden Bibliotheken: Niedersächsische Landesbibliothek Hannover, Deutsches Literaturarchiv Marbach, Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel.

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Hell wird es plötzlich / Zehn Minuten / Die Häuser, die wir im Traum bewohnen / Was für Tage / Um 1 verschoben / kein fenster, ein bild / Nicht weg nicht da / Die Frauen ohne Köpfe / Rauchernachmittag / Stöcken / Die verrückten Mütter / Rezept für Kinder, die keinen Rosenkohl mögen / Unsere Generation / Eisen Hütten Stadt / Vorm Standesamt / Vielleicht leben wir auch gar nicht / Warum Papa mehrere Namen hat / Day / Es waren Zeiten / Diese Tage

in: Ohne Filter, Gedichte und Gedichtübertragungen
von Christine Kappe, Sigune Schnabel und Cornelius van Alsum, Edition Freigang in der Sonettenpresse, Bonn 2021


Rebby / Arigatogosaimas / Woobrajenie

in: Der Hahnepeter, Nr. 2, Hannover 2021


Die Prinzessin von Flaubert / In 60 Stunden / Antik gegen Corona / aus 97

auf: www.der-goldene-fisch.de, 2021


Auszug aus: Verbindungen (Ton-Text-Collage)

in: Berichte aus der Werktstatt, Hrsg. Peter Marggraf, Bordenau 2021


für meinen Vater / Götterthema

im Logbuch der Brisenvögel, 2021, hrsg. von Cornelius van Alsum


Buchmesse 2016: Halle Süd/Ost

in: Kalmenzone , Literaturzeitschrift hrsg. von Cornelius van Alsum, Nr. 16, Bonn 2021


Das Ende eines Tages / Nachtspeicherpoeten

in: Konzepte, Zeitschrift für Literatur, Nr. 39, Neu-Ulm 2020


Es ist alles sinnlos geworden / Gegen die Dir / Die Leichtigkeit der früheren Jahre

auf: www.der-goldene-fisch.de, 2020


Diotima Fragment

in: Poesiealbum neu, Leipzig 2020


Mit Stern / Hoffnung

in: Berichte aus der Werktstatt, Hrsg. Peter Marggraf, Bordenau 2020


Was echt ist / Verbindungen 01 / Geburtstagskarten und Zähne / Vernünftiges Deckbett / Nun ist es die Kunst

auf: Poets Katze 2020, Prosalyrik


Reishunde in Shibuya

in: Versnetze_dreizehn, Hrsg. Axel Kutsch, Weilerswist 2020


in PL

in: Kalmenzone , Literaturzeitschrift hrsg. von Cornelius van Alsum, Nr. 16, Bonn 2020


Die Amseln trotzen den Katzen

im Logbuch der Brisenvögel, 2020, hrsg. von Cornelius van Alsum


Vogelliebhaber in der Annenstraße / Die Freiheitsstatue steht kurz vor Reims

in: Berichte aus der Werktstatt, Hrsg. Peter Marggraf, Bordenau 2019


der fliegende Prometheus

in: Kalmenzone, Literaturzeitschrift hrsg. von Cornelius van Alsum, Nr.15, Bonn 2019


SCHREIBEN LERNEN AN TISCHEN / Kein Gedicht / Nachdenken über das richtige Wort

in: SO WEISS DAS PAPIER – von Wörtern, Bildern und Büchern San Marco Handpresse Bordenau 2019


Auf dem Dach

in: Jahrbuch der Lyrik 2019, Hrsg. Christoph Buchwald und Mirko Bonné, Frankfurt a.M. 2019


St. Petersburg 6

im Logbuch der Brisenvögel, Juni 2019, hrsg. von Cornelius van Alsum und ins Niederländische übersetzt von Romain John van de Maile in: De Vallei Nr. 41, 2019


Zeitenwechsel / Leipzig

in: Kalmenzone, Literaturzeitschrift hrsg. von Cornelius van Alsum, Nr.14, Bonn 2018

Einen Bären klauen

in: Kalmenzone, Literaturzeitschrift hrsg. von Cornelius van Alsum, Nr.14, Bonn 2018
und ins Niederländische übersetzt von Romain John van de Maile in: De Vallei Nr. 41, 2019


Die Applausordnung der Narzissen

in: Science meets Fiction, Nano-Modellierungen: Poesie und Mikroskopie, Hrsg. von Aura Heydenreich und Klaus Mecke, Erlangen 2018, und auf: www.der-goldene-fisch.de


Aber auf charmante Art

in: Poesiealbum neu, Leipzig 2018


Die Vater-Lanzen-Frösche-Show

in: Kalmenzone, Literaturzeitschrift hrsg. von Cornelius van Alsum, Nr.12, Bonn 2017
und in: Versnetze_zwölf, Hrsg. Axel Kutsch, Weilerswist 2019


DIE VATER-LANZEN-FRÖSCHE-SHOW

„Waren Sie schon bei der
Vater-Lanzen-Frösche-Show?“,
fragte die junge Frau.
Sie fuhr den Kinderwagen nicht,
sie schob ihn.
„Nein, was gibt es denn da zu sehen?
Geheimnisvolle Städte? Gravitationsbeschleuniger?“
„Ach wo, die Städte sitzen im Publikum,
die Gravitationsbeschleuniger haben einen Laden
an der Hildesheimer Straße und verkaufen Teilchen.
Es ist dennoch sehr aufregend und aufschlussreich.
Die besten haben eine Landschaft als Kopf,
nach oben hin offen, wie ein Weinglas.
Andere nur eine alte Palette
mit angetrockneter Farbe.
Aber soll ich Ihnen was sagen?
Es ist Blut.
Es sind Planken.
Es sind Vögel!“
(für Caroline Hartge)


Herzlichen Glückwunsch zum Kauf Ihrer Blühpflanze

in: Poesiealbum neu, Leipzig 2017


Hell wird es plötzlich / Jeder Tag / In der U-Bahn

in: Matrix, Zeitschrift für Literatur und Kunst, Nr. 46, Ludwigsburg 2017


Im Gras

in: Kalmenzone, Literaturzeitschrift hrsg. von Cornelius van Alsum, Nr.11, Bonn 2017 und ins Niederländische übersetzt von Romain John van de Maile in: De Vallei Nr. 41, 2019


IM GRAS

waren wir allein, spielten wir Theater, weil wir es nicht aushielten, die Realität, gab es doch gar nicht, & wo kam dann die Lokomotive her? aus der Vergangenheit, nur aufgeklebt, wieso bist du wach? unsere Hände berührten sich nicht, unsere Gedanken fetzten alles von den Büschen, bis auf diese kleinen weißen hässlichen leuchtenden Beeren


Probengedichte, unzensiert

in: Am Erker, Zeitschrift für Literatur, Nr. 72, Münster 2016


Minsk 3

in: Berichte aus der Werktstatt, Hrsg. Peter Marggraf, Bordenau 2016


Pferd auch

in: Berichte aus der Werktstatt, Hrsg. Peter Marggraf, Bordenau 2016


PFERD AUCH

Ich spiele mit dir im Hof. Auf dem Balkon bellt ein Hund. Du schaust zu ihm auf. Knurrend steht er am Gitter, groß und schwarz. Doch du sagst nur: “Pferd auch.“ Ich will dich erst korrigieren. Wo ist da ein Pferd? Doch dann, als ich es wage am Hund vorbei durch die Balkontür ins Innere des Hauses zu schauen, sehe ich, der Sonne zum Trotz, die hier draußen alles zum Leuchten bringt, ganz hinten im dunklen Zimmer auf dem Regal, zwischen schemenhaften Zinnfiguren - ein kleines Holzpferd mit spärlichem Schweif. Aber ich muss mich schon sehr anstrengen.
(für meinen Sohn Arno, damals 3 Jahre)


Herbstanfang

in: Berichte aus der Werktstatt, Hrsg. Peter Marggraf, Bordenau 2016


Ob nicht alles mit Liebe zu betrachten sei

in: Versnetze_neun, Hrsg. Axel Kutsch, Weilerswist 2016


Herado

in: außerdem 22, Hsrg. C. und A. Steigenberger, München 2015


HERADO

vor einiger Zeit lernte ich einen Mann kennen. er schenkte mir eine Rose & fiel dann hin, die Rose aber blieb noch lange stehen

wir trafen uns auf einem großen Platz. er hatte ein halbes Schwein dabei, das taten wir in meine Handtasche, als Hunde kamen. doch die Hunde fraßen es samt der Handtasche

der Sommer war ein Schatten zwischen den Häusern, ein verirrter Schwan
aber in dem Gesicht des Mannes, in seinen Händen, sammelte sich Wärme
er bog in Winkel ein, die ich nie aufgesucht hätte, führte Gespräche mit intelligenten, wenn auch schlauen, vor allem aber reichen Inhabern von Läden, in denen man nützliche wenn auch beschwerliche, vor allem aber einsame Gegenstände kaufen konnte

das Glück rieselte ihm aus allen Taschen
wieviel Zeit hatte er noch?
"wer seine Taschen mit Schneegarn flickt, darf sich nicht wundern
Schneegarn ist eine Erfindung der Neuzeit
es hält, solange es kalt ist"

Er nahm meine Wörter auseinander, bis keines mehr blieb
nur Küsse, Flüsse und Flüche
ich will
Ich wollte ihn hören, wollte ihn rufen hören
den Namen einer Stadt, in der wir leben konnten
HERADO, He wie Held, ra wie rar, do wie Donnerstag.

nur einmal flog ein Vogel übers Dach, für 3,99 von Rossmann, oder uns früher
sonst nur Zeppelinpiloten
die die in der Abendsonne glitzernden Stromdrähte für Kondensmilch hielten und elendig starben


Die Straßen sind dunkel

in: Berichte aus der Werkstatt, Hrsg. Peter Marggraf, Bordenau 2015


Leipzig und Umgebung

in: Poesiealbum neu, Hsrg. Ralph Grüneberger, Leipzig 2015


Verzweiflung / Man vergisst Trennungsgründe / Das leere Wort Epsilon

in: Versnetze_acht, Hrsg. Axel Kutsch, Weilerswist 2015


Sparziergang

nach einem Bild von Max Beckmann
in: Rotes Haus im Park, Theo Breuer, 2015


Das Einkaufszentrum in Laatzen

auf: fixpoetry.com, 2015


Casablanca

auf: www.der-goldene-fisch.de, 2014 und ins Niederländische übersetzt von Romain John van de Maile in: De Vallei Nr. 41, 2019


Wieder so eine Nacht

in: Berichte aus der Werkstatt, Hrsg. Peter Marggraf, Bordenau 2014


Im März

in: Versnetze_sieben, Hrsg. Axel Kutsch, Weilerswist 2014
/ auf: www.der-goldene-fisch.de, 2013 und in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung)


IM MÄRZ

Die Zeit kriecht mir kalt in die Ärmel
eine Art Tod
irgendein noch zu bestehendes Abenteuer
Eine Frau zerteilt Pfützen mit dem Kinderwagen
das Kind − von der Sonne geblendet − schreit schrill
ich zweifle an seiner Echtheit
Sonne erhellt nicht immer, immer aber gibt es zwei Bilder
eins ist wahr, das andere hell


Die Dauer einer Stadt

auf: fixpoetry.com, 2013
und in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung)


S/W

übersetzt ins Russiche von Alischer Kijamow in Mosty (Brücken) Nr. 40, Frankfurt am Main 2013, (www.le-online.org) und auf: www.stihi.ru, 2013 (lesen) / in: außerdem 19, München 2012 / in: Signum 2 , Dresden 2013


S/W

die Reste des Winters liegen spiegelnd umher
ich begegne einer rauchenden Frau mit Kind
mit hüpfendem Kind, das Kind hüpft an ihrer Hand
ich weiß nicht, wo Frauen sind, die rauchen
und ich weiß nicht, wo Kinder sind, die hüpfen
irgendwo aber in derselben Welt
und doch nicht beieinander

vorbei
an den Häusern mit den weitoffenen Fenstern
hier wohnen? nur wenns regnet und Sonntag ist
hier spazierengehen? wenn wir wüssten, wie lange das dauert
und ob die Fallschirmspringer noch landen
die rot und blau am Himmel hängen, gelb und grün

hier unten ist alles s/w, ich wusste nicht, dass mich das so stört
ich dachte, es wär nur ein Traum
nein, es ist wahr, genauso: dass du mir was zu trinken ans Bett stellst
darüber stolpere ich am Morgen, ich vergesse, was mich am Leben hält
als ob es sich von alleine lebte
tut es nicht, nein

Im Winter aufs Land

in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung) / auf: Kulturnotizen, 2013


Westeck I-VI

Westeck VII in: floppy myriapoda 22, Berlin 2013
Westend I - VI in: Konzepte, Zeitschrift für Literatur, Nr. 34, Neu-Ulm 2015

! Richtigstellung des redaktionellen Remix' aus Westeck I - VI:


Westeck IV

ich hatte auf einmal den Eindruck, Banalitäten zu sagen,
unterbrochen nur von einer kleinen Gruppe englischer Sänger,
deren hellbraune Anzüge so gut zu den Polstermöbeln passten.
während du deinen Wahnsinn pflegtest. mit Spionagegeschäften
und allem, was dazugehört.

und ich dachte, wie schon einmal, dass ich hier bei dir sitze,
ist ein Verbrechen. die Banalität ein Verbrechen & der Wahnsinn ein Verbrechen.
eine Vermittlung kann nur durch die Dinge geschehen,
die wir zufällig in unseren nervösen Händen halten.


Idee des Juli

in: Ort der Augen 1/13 , Oschersleben 2013 / in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung)


Götter

in: Ort der Augen 1/13 , Oschersleben 2013 / in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung)


Sieht heut so aus

in: Ort der Augen 1/13 , Oschersleben 2013 / in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung) / auf: www.fixpoetry.com, 2014


SIEHT HEUT SO AUS

Sieht heut so aus
als würden die Vögel nicht von allein fliegen
sondern vom Wind
wie das die Möwen
sowieso immer tun
aber es gibt Sachen, die sind 1. übertrieben
2. wahr und haben
3. nichts miteinander zu tun


Stadtstrand - Aiwasowsky

in: Ort der Augen 1/13 , Oschersleben 2013 / in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung)


Zustellversuche (offener Gedichtzyklus)

auf: www.der-goldene-fisch.de, seit 2013


ZUSTELLVERSUCH 3

Krausen 11a: Durch den langgezogenen Glasbaudurchgangseingang, der zur Briefkastenanlage führt, schaut man in den hinteren Teil der Kaffeerösterei. Oft sitzt hier ein Mann an einer alten Kaffeebohnen-Sortiermaschine beim Licht einer gusseisernen, mit zwei rostigen Gewichten stabilisierten Schreibtischlampe. Aus einem grobgewebtem Jutesack fallen die Bohnen auf ein von der Lampe beleuchtetes, langsamrüttelndes Förderband, von dem aus sie auf eine Rutsche unter dem Tisch rollen, über die sie sekundenschnell in einem Kanister verschwinden – bis auf jene, die der Mann mit einem Kugelschreiber vorher zur Seite geschnippst hat, jene etwas helleren und jene etwas dunkleren, jene etwas schrumpligen, gefleckten, kleineren, zerbrochenen… Wenn der Mann dort nicht sitzt und die Maschine stillsteht, im Dämmer, im Un-Licht, liegen die nicht gewollten Bohnen mit ihren unterschiedlichen Brauntönen und Formen in ehemaligen Marmeladengläsern oder einfach nur herum.


Momente / Memos (offener Gedichtzyklus)

auf: www.der-goldene-fisch.de, seit 2012


NY

in: Der deutsche Lyrikkalender, Hrsg. von Shafiq Naz (Belgien, 2012) und in: Poesiealbum neu Haupstadt der Sehnsucht / New York–Gedichte, Leipzig 2019

! Richtigstellung des Abdrucks in "Poesiealbum neu": MIT letzter Zeile


NY

Mir fallen die Zähne aus und sie asphaltieren meinen Mund.
Wir stecken das Haus unserer Eltern in Brand und bezichtigen unsere Freunde.
Die Hauptschlagader von NY liegt unterirdisch.
Dort verkaufen sie Karten für Kinos und schlechte Diskotheken,
Fliehen ins Unbeständige, um müde zu werden.
Mir fallen die Zähne aus und sie bezichtigen meine Mutter.
Wir fliehen in das Haus unserer Eltern, um müde zu werden.
Dort verkaufen sie Kino- und Speisekarten.
Wir aber verkaufen unsere Freunde.
Die Hauptschlagader meiner Mutter liegt unterirdisch;
deswegen verlaufen wir uns.
Sie stecken NY in Brand und suchen das Beständige.
Mir fällt in der U-Bahn der Kaffee aus der Hand und hinterlässt ein Muster;
deswegen versaufe ich alles.
Wir bezichtigen NY, das Licht angelassen zu haben.
Unsere Eltern berichtigen uns.


Jeder hat sein System

in: Der deutsche Lyrikkalender für junge Leser, Hrsg. von Shafiq Naz (Belgien, 2012)


JEDER HAT SEIN SYSTEM

Jeder hat sein System
Der eine redet viel
Der andere stellt das fest
Ein dritter wundert sich darüber
oder über die plötzliche Wärme der unscheinbaren Heizung
"Man kommt ja nicht zu Wort"
Dann käme er allerdings aus dem Osten
Einer aus dem Westen würde sage:
"& ich habe sogar noch welche im Kühlschrank"


Verlust

in: Der deutsche Lyrikkalender für junge Leser, Hrsg. von Shafiq Naz (Belgien, 2012) / in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung)


Sahlkamp Markt

in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung) / übersetzt ins Russiche von Alischer Kijamow auf: www.stihi.ru 2013 und in: Mosty (Brücken) Nr. 40, Frankfurt am Main 2013, (www.le-online.org)


Pariser Platz

auf: Kulturnotizen, 2012 / in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung) / in: Gedichtzyklus, auf Tischdecken genäht, im Rahmen der Ausstellung "Haus im Haus" vom 22.09.2012 bis 07.10.2012 im Kloster Marienwerder / in: Poesiealbum Neu, hrsg. von Ralph Grüneberger (Leipzig, 2014) und ins Niederländische übersetzt von Romain John van de Maile in: De Vallei Nr. 41, 2019


PARISER PLATZ

wir gehören uns nicht:
alternden Wohnungsbesitzerinnen vielleicht
mit Schildkrötenhälsen, die uns auf einen Kaffee in ihre vermoderten Wohnungen locken
und selbst in einer Zigarettenschachtel hausen

Du willst mir nicht glauben, dass das der Pariser Platz ist
kümmerst dich fürsorglich um meine abgefallenen Schutzbleche

wir haben ein kleines Kind
in einer viel zu weiten weißen Strumpfhose
die Besitzerin vom Second-Hand-Laden weiß, dass es ein Geschenk werden soll
für den Handwerker, der keinen Hintern in der Hose hat
dafür aber jede Menge Zeit

nach Paris? aufs Land! aufs Land!


Wie kann das sein

in: Versnetze_fünf, Hrsg. Axel Kutsch, Weilerswist 2012 / in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung)


der Star

in: außerdem 18, München, Herbst 2011


DER STAR

I.
Es ist kalt. Eine Frau in kurzer Hose geht über die Straße, ein Star fragt sie, ob er ihr was vorschnupfen darf. Dann erklärt er ihr, dass er zu jeder Zeit was essen kann und sie gehen in ein Lokal. Frauen seien empfindlich, sagt er. Ich weiß nicht, was er meint. Die Frau auch nicht. Sie erzählt, dass sie viel getrunken hat. "Und dann?", fragt der Star. "Was und dann?", fragt die Frau. "Ich dachte an Tina, die snowboarded", war seine Antwort. Plötzlich freut sie sich, dass die Zeit vergeht und nicht mit den Fingernägeln über ein Garagentor kratzt. Draußen fährt eine leere Straßenbahn vorbei. Und noch eine.

II.
Sie guckt lange in die Karte und bestellt dann nichts. Er saugt am Bügel seiner Brille, hat aber trotzdem einen stechend scharfen Blick. Zwei Frauen kommen herein, eine Hand an der Türklinke, die andere zum Gruß erhoben. Sie kennen den Star. Sie setzen sich dazu. "Haben Sie auch lauter erstochenes Geflügel in ihrem Wohnzimmer hängen, so wie er? Oder hören Sie lieber Musik?", fragt die Frau die zwei Frauen. Die verstehen die Frage nicht. Es ist nämlich laut geworden. Ihr "Tschüss" hören sie auch nur durch die Würze des Ü‘s oder dessen Güte. "Sonst geht‘s mir eigentlich ganz gut", sagt sie. Aber schon mehr zu sich selbst. Eine leere Straßenbahn fährt vorbei. Dann noch eine.


Polen

in: Wortnetz, 1 / 2010


Nachtwachen

in: Wortnetz, 1 / 2010


Weihnachten, vorgespult

Sonderedition der Literaturtankstelle Decius in Zusammenarbeit mit dem Buchdruckmuseum und der Redaktion langeleine, Hannover 2008


WEIHNACHTEN, VORGESPULT

Ich schminke mich, weil Weihnachten ist
doch wir haben keine Zeit, uns anzuschaun
anfassen, mit beiden Händen voller Taschen
geht auch nicht
in die kalte Sonne laufen, einer Idee nach
eine leere Krippe kaufen, Oma weg, Max im Dreck...
an der Tür der Tiefgarage steht "-1"
Ich schaue auf


Das Parfum des Zahnarztes

Wortnetz 3, Hannover 2006 / in Versnetze_sechs - Deutschsprachige Lyrik der Gegenwart, Hrsg. Axel Kutsch, Weilerswist 2013


DAS PARFUM DES ZAHNARZTES

ich hab gar keine Angst
ich friere nur
mein Freund ist mir am fernsten am Fenster
das Parfum des Zahnarztes - einsam wie ein Aquarium
die Fontäne im Wintergarten, eben stillgelegt und beleuchtet, wohin das alles
aber ich seh mich da mit dem Rad langfahren, den Umwegweg
kaum wahr der Regen
kaum war ich hier


Minsk

in: Laufschrift Nr. 14, Fürth 2003 und in: Nationalbibliothek des deutschsprachigen Gedichtes, VI, München 2003 und in: Die literarische Venus, Dorstener Lyrikpreis 2003, HW-Verlag Dorsten, Hrsg.: Wolfgang Klinger, Edelgard Moers, Erich Pfefferlen, Werner Wenig, Wolfgang Westphal, Wolfgang Wiemer


graue Mauer

in: Laufschrift, Magazin für Literatur, Nr. 11, Fürth 2001


sieh die Tränen von innen

in: Tränen, eine Anthologie, Geest Verlag, Großenkneten 2000


Betrachtungen der Straßenlaternen, deren Licht nicht ausreicht

in: Lokal 4, Hannover 1998 / in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung) / übersetzt ins Russiche von Alischer Kijamow auf: www.stihi.ru 2013 und in: Mosty (Brücken) Nr. 40, Frankfurt am Main 2013, (www.le-online.org)


Dank des Nebels

in: Lokal 4, Hannover 1998


Er

in: Lima II, Bonn 1995, Zeitschrift des BvjA


Zaun

in: Lima II, Bonn 1995, Zeitschrift des BvjA


Die undefinierbaren Bänke

in: Lima II, Bonn 1995, Zeitschrift des BvjA


Konflikte

in: Unicum 3, Bochum 1995 und auf: fixpoetry.com, 2014


KONFLIKTE

"Konflikte" kommt von "Fliegen"
Und müsste eigentlich "Konfliegte" heißen
"Also ich habe keine Angst vorm Fliegen"
Sagte KM und steckte sich eine Feder an den Hut

Der Sonnenaufgang ist erst möglich
Wenn ich eine Rechenaufgabe gelöst habe
: Biege in den dunklen Gassen
Viermal im rechten Winkel nach rechts ab
Gotische Fenster öffnen sich von allein
Und du erwachst auf einer Wiese, wo du Luftballons
Für die Kinder aufblasen musst
Hast aber so eine furchtbare Angst, daß sie zerplatzen
Und bläst sie deswegen auch nur wenig auf
An der Theke triffst du KM (siehe Anfang)


Ich habe vergessen

in: Über das Leben, die Uni und den ganze Rest, Hrsg: Hermann-Josef Billstein, Hartmut Kasper, Bochum 1994 (Auszug aus "Variationen über die Stille")


Untragbar

in: Über das Leben, die Uni und den ganze Rest, Hrsg: Hermann-Josef Billstein, Hartmut Kasper, Bochum 1994


Stadtgeflüster

in: Zauberspiegel Nr.5, Hannover 1990 (Auszug aus "Georga")


Der Gast

in: Zauberspiegel Nr.5, Hannover 1990