Christine Kappe -
Gedichte
edition offenes feld, Dortmund 2022
"Wovon lebt der Mensch, was braucht er zum Leben? Diese Fragen stellt sich das Personal in Christine Kappes erzählerischen Gedichten. Mit tiefenscharfem Blick und nicht selten bitterem Humor entwirft die Autorin alltägliche Szenen, die das Bemühen um Liebe, Verständnis und manchmal einfach auch nur das simple Überleben ausleuchten. Kappes mitfühlende Nähe zu ihren Protagonisten läßt deren Scheitern bedeutend erscheinen und gewinnt ihm poetische Momente und seltene Einblicke ab, die unsere verworrene Welt erträglicher machen." (Herausgeber Jürgen Brôcan)
Christine Kappe -
Gedichte
Peter
Marggraf - eine Radierung
San Marco
Handpresse, Bordenau 2013
Dieses Buch wurde im Sommer 2013 auf der Linotype aus der Bodoni, 12 Punkt, gesetzt und auf einer Handpresse gedruckt. Es wurden 30 Bücher hergestellt. 26 Exemplare sind von 1/26 bis 26/26 numeriert, vier Künstlerexemplare sind mit e.a.1 bis e.a.4 bezeichnet. Die Bücher wurden auf 150 gr/qm Bütten der Papiermühle Zerkall gedruckt, die Radierungen auf 300 gr/qm Kupferdruck-Bütten der Firma Hahnemühle. Die Gedichte von Christine Kappe erscheinen in einer Reihe von Erstveröffentlichungen, die in loser Folge von Hans Georg Bulla für die San Marco Handpresse lektoriert und herausgegeben werden.
Dieser Band ist bereits vergriffen. Ansichtsexemplare in folgenden Bibliotheken:
Niedersächsische Landesbibliothek Hannover,
Deutsches Literaturarchiv Marbach,
Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel.
in: Ohne Filter,
Gedichte und Gedichtübertragungen
von Christine Kappe, Sigune Schnabel und Cornelius van Alsum, Edition Freigang in der Sonettenpresse, Bonn 2021
in: Der Hahnepeter, Nr. 2, Hannover 2021
auf: www.der-goldene-fisch.de, 2021
in: Berichte aus der Werktstatt, Hrsg. Peter Marggraf, Bordenau 2021
im Logbuch der Brisenvögel, 2021, hrsg. von Cornelius van Alsum
in: Kalmenzone , Literaturzeitschrift hrsg. von Cornelius van Alsum, Nr. 16, Bonn 2021
in: Konzepte, Zeitschrift für Literatur, Nr. 39, Neu-Ulm 2020
auf: www.der-goldene-fisch.de, 2020
in: Poesiealbum neu, Leipzig 2020
in: Berichte aus der Werktstatt, Hrsg. Peter Marggraf, Bordenau 2020
auf: Poets Katze 2020,
Prosalyrik
in: Versnetze_dreizehn, Hrsg. Axel Kutsch, Weilerswist 2020
in: Kalmenzone , Literaturzeitschrift hrsg. von Cornelius van Alsum, Nr. 16, Bonn 2020
im Logbuch der Brisenvögel, 2020, hrsg. von Cornelius van Alsum
in: Berichte aus der Werktstatt, Hrsg. Peter Marggraf, Bordenau 2019
in: Kalmenzone, Literaturzeitschrift hrsg. von Cornelius van Alsum, Nr.15, Bonn 2019
in: SO WEISS DAS PAPIER – von Wörtern, Bildern und Büchern San Marco Handpresse Bordenau 2019
in: Jahrbuch der Lyrik 2019, Hrsg. Christoph Buchwald und Mirko Bonné, Frankfurt a.M. 2019
im Logbuch der Brisenvögel, Juni 2019, hrsg. von Cornelius van Alsum und ins Niederländische übersetzt von Romain John van de Maile in: De Vallei Nr. 41, 2019
in: Kalmenzone,
Literaturzeitschrift hrsg. von Cornelius van Alsum, Nr.14, Bonn 2018
in: Kalmenzone,
Literaturzeitschrift hrsg. von Cornelius van Alsum, Nr.14, Bonn 2018
und ins Niederländische übersetzt von
Romain John van de Maile in: De
Vallei Nr. 41, 2019
in: Science meets Fiction, Nano-Modellierungen: Poesie und Mikroskopie, Hrsg. von Aura Heydenreich und Klaus Mecke, Erlangen 2018, und auf: www.der-goldene-fisch.de
in: Poesiealbum neu, Leipzig 2018
in: Kalmenzone,
Literaturzeitschrift hrsg. von Cornelius van Alsum, Nr.12, Bonn 2017
und in: Versnetze_zwölf, Hrsg. Axel Kutsch,
Weilerswist 2019
DIE VATER-LANZEN-FRÖSCHE-SHOW
„Waren Sie schon bei der
Vater-Lanzen-Frösche-Show?“,
fragte die junge Frau.
Sie fuhr den Kinderwagen nicht,
sie schob ihn.
„Nein, was gibt es denn da zu sehen?
Geheimnisvolle Städte? Gravitationsbeschleuniger?“
„Ach wo, die Städte sitzen im Publikum,
die Gravitationsbeschleuniger haben einen Laden
an der Hildesheimer Straße und verkaufen Teilchen.
Es ist dennoch sehr aufregend und aufschlussreich.
Die besten haben eine Landschaft als Kopf,
nach oben hin offen, wie ein Weinglas.
Andere nur eine alte Palette
mit angetrockneter Farbe.
Aber soll ich Ihnen was sagen?
Es ist Blut.
Es sind Planken.
Es sind Vögel!“
(für Caroline Hartge)
in: Poesiealbum neu, Leipzig 2017
in: Matrix, Zeitschrift für Literatur und Kunst, Nr. 46, Ludwigsburg 2017
in: Kalmenzone, Literaturzeitschrift hrsg. von Cornelius van Alsum, Nr.11, Bonn 2017 und ins Niederländische übersetzt von Romain John van de Maile in: De Vallei Nr. 41, 2019
IM GRAS
waren wir allein, spielten wir Theater, weil wir es nicht aushielten, die Realität, gab es doch gar nicht, & wo kam dann die Lokomotive her? aus der Vergangenheit, nur aufgeklebt, wieso bist du wach? unsere Hände berührten sich nicht, unsere Gedanken fetzten alles von den Büschen, bis auf diese kleinen weißen hässlichen leuchtenden Beeren
in: Am Erker, Zeitschrift für Literatur, Nr. 72, Münster 2016
in: Berichte aus der Werktstatt, Hrsg. Peter Marggraf, Bordenau 2016
in: Berichte aus der Werktstatt, Hrsg. Peter Marggraf, Bordenau 2016
PFERD AUCH
Ich spiele mit dir im Hof. Auf dem Balkon bellt ein Hund. Du schaust zu ihm auf. Knurrend steht er am Gitter,
groß und schwarz. Doch du sagst nur: “Pferd auch.“
Ich will dich erst korrigieren. Wo ist da ein Pferd? Doch dann, als ich es wage am Hund vorbei durch die
Balkontür ins Innere des Hauses zu schauen, sehe ich, der Sonne zum Trotz, die hier draußen alles zum
Leuchten bringt, ganz hinten im dunklen Zimmer auf dem Regal, zwischen schemenhaften Zinnfiguren - ein
kleines Holzpferd mit spärlichem Schweif.
Aber ich muss mich schon sehr anstrengen.
(für meinen Sohn Arno, damals 3 Jahre)
in: Berichte aus der Werktstatt, Hrsg. Peter Marggraf, Bordenau 2016
in: Versnetze_neun, Hrsg. Axel Kutsch, Weilerswist 2016
in: außerdem 22, Hsrg. C. und A. Steigenberger, München 2015
HERADO
vor einiger Zeit lernte ich einen Mann kennen. er schenkte mir eine Rose & fiel dann hin, die Rose aber
blieb noch lange stehen
wir trafen uns auf einem großen Platz. er hatte ein halbes Schwein dabei, das taten wir in meine Handtasche,
als Hunde kamen. doch die Hunde fraßen es samt der Handtasche
der Sommer war ein Schatten zwischen den Häusern, ein verirrter Schwan
aber in dem Gesicht des Mannes, in seinen Händen, sammelte sich Wärme
er bog in Winkel ein, die ich nie aufgesucht hätte, führte Gespräche mit intelligenten, wenn auch schlauen,
vor allem aber reichen Inhabern von Läden, in denen man nützliche wenn auch beschwerliche, vor allem aber
einsame Gegenstände kaufen konnte
das Glück rieselte ihm aus allen Taschen
wieviel Zeit hatte er noch?
"wer seine Taschen mit Schneegarn flickt, darf sich nicht wundern
Schneegarn ist eine Erfindung der Neuzeit
es hält, solange es kalt ist"
Er nahm meine Wörter auseinander, bis keines mehr blieb
nur Küsse, Flüsse und Flüche
ich will
Ich wollte ihn hören, wollte ihn rufen hören
den Namen einer Stadt, in der wir leben konnten
HERADO, He wie Held, ra wie rar, do wie Donnerstag.
nur einmal flog ein Vogel übers Dach, für 3,99 von Rossmann, oder uns früher
sonst nur Zeppelinpiloten
die die in der Abendsonne glitzernden Stromdrähte für Kondensmilch hielten und elendig starben
in: Berichte aus der Werkstatt, Hrsg. Peter Marggraf, Bordenau 2015
in: Poesiealbum neu, Hsrg. Ralph Grüneberger, Leipzig 2015
in: Versnetze_acht, Hrsg. Axel Kutsch, Weilerswist 2015
nach einem Bild von Max Beckmann
in: Rotes Haus im Park,
Theo Breuer, 2015
auf: fixpoetry.com, 2015
auf: www.der-goldene-fisch.de, 2014 und ins Niederländische übersetzt von Romain John van de Maile in: De Vallei Nr. 41, 2019
in: Berichte aus der Werkstatt, Hrsg. Peter Marggraf, Bordenau 2014
in: Versnetze_sieben, Hrsg. Axel Kutsch,
Weilerswist 2014
/ auf:
www.der-goldene-fisch.de, 2013 und in: Wie kann das sein,
Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung)
IM MÄRZ
Die Zeit kriecht mir kalt in die Ärmel
eine Art Tod
irgendein noch zu bestehendes Abenteuer
Eine Frau zerteilt Pfützen mit dem Kinderwagen
das Kind − von der Sonne geblendet − schreit schrill
ich zweifle an seiner Echtheit
Sonne erhellt nicht immer, immer aber gibt es zwei Bilder
eins ist wahr, das andere hell
auf: fixpoetry.com,
2013
und in: Wie kann das sein,
Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung)
übersetzt ins Russiche von Alischer Kijamow in Mosty (Brücken) Nr. 40, Frankfurt am Main 2013, (www.le-online.org) und auf: www.stihi.ru, 2013 (lesen) / in: außerdem 19, München 2012 / in: Signum 2 , Dresden 2013
S/W
in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung) / auf: Kulturnotizen, 2013
Westeck VII in: floppy myriapoda
22, Berlin 2013
Westend I - VI in: Konzepte,
Zeitschrift für Literatur, Nr. 34, Neu-Ulm 2015
! Richtigstellung des redaktionellen Remix' aus Westeck I - VI:
Westeck IV
ich hatte auf einmal den Eindruck, Banalitäten zu sagen,
unterbrochen nur von einer kleinen Gruppe englischer Sänger,
deren hellbraune Anzüge so gut zu den Polstermöbeln passten.
während du deinen Wahnsinn pflegtest. mit Spionagegeschäften
und allem, was dazugehört.
und ich dachte, wie schon einmal, dass ich hier bei dir sitze,
ist ein Verbrechen. die Banalität ein Verbrechen & der Wahnsinn
ein Verbrechen.
eine Vermittlung kann nur durch die Dinge
geschehen,
die wir zufällig in unseren nervösen Händen
halten.
in: Ort der Augen 1/13 , Oschersleben 2013 / in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung)
in: Ort der Augen 1/13 , Oschersleben 2013 / in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung)
in: Ort der Augen 1/13 , Oschersleben 2013 / in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung) / auf: www.fixpoetry.com, 2014
SIEHT HEUT SO AUS
Sieht heut so aus
als würden die Vögel nicht von allein fliegen
sondern vom Wind
wie das die Möwen
sowieso immer tun
aber es gibt Sachen, die sind
1. übertrieben
2. wahr und haben
3. nichts miteinander zu tun
in: Ort der Augen 1/13 , Oschersleben 2013 / in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung)
auf: www.der-goldene-fisch.de, seit 2013
ZUSTELLVERSUCH 3
Krausen 11a: Durch den langgezogenen Glasbaudurchgangseingang, der zur Briefkastenanlage führt, schaut man in den hinteren Teil der Kaffeerösterei. Oft sitzt hier ein Mann an einer alten Kaffeebohnen-Sortiermaschine beim Licht einer gusseisernen, mit zwei rostigen Gewichten stabilisierten Schreibtischlampe. Aus einem grobgewebtem Jutesack fallen die Bohnen auf ein von der Lampe beleuchtetes, langsamrüttelndes Förderband, von dem aus sie auf eine Rutsche unter dem Tisch rollen, über die sie sekundenschnell in einem Kanister verschwinden – bis auf jene, die der Mann mit einem Kugelschreiber vorher zur Seite geschnippst hat, jene etwas helleren und jene etwas dunkleren, jene etwas schrumpligen, gefleckten, kleineren, zerbrochenen… Wenn der Mann dort nicht sitzt und die Maschine stillsteht, im Dämmer, im Un-Licht, liegen die nicht gewollten Bohnen mit ihren unterschiedlichen Brauntönen und Formen in ehemaligen Marmeladengläsern oder einfach nur herum.
auf: www.der-goldene-fisch.de, seit 2012
in: Der deutsche Lyrikkalender, Hrsg. von Shafiq Naz (Belgien, 2012) und in: Poesiealbum neu Haupstadt der Sehnsucht / New York–Gedichte, Leipzig 2019
! Richtigstellung des Abdrucks in "Poesiealbum neu": MIT letzter Zeile
NY
Mir fallen die Zähne aus und sie asphaltieren meinen Mund.
Wir stecken das Haus unserer Eltern in Brand und bezichtigen
unsere Freunde.
Die Hauptschlagader von NY liegt unterirdisch.
Dort verkaufen sie Karten für Kinos und schlechte Diskotheken,
Fliehen ins Unbeständige, um müde zu werden.
Mir fallen die Zähne aus und sie bezichtigen meine Mutter.
Wir fliehen in das Haus unserer Eltern, um müde zu werden.
Dort verkaufen sie Kino- und Speisekarten.
Wir aber verkaufen unsere Freunde.
Die Hauptschlagader meiner Mutter liegt unterirdisch;
deswegen verlaufen wir uns.
Sie stecken NY in Brand und suchen das Beständige.
Mir fällt in der U-Bahn der Kaffee aus der Hand und hinterlässt
ein Muster;
deswegen versaufe ich alles.
Wir bezichtigen NY, das Licht angelassen zu haben.
Unsere Eltern berichtigen uns.
in: Der deutsche Lyrikkalender für junge Leser, Hrsg. von Shafiq Naz (Belgien, 2012)
JEDER HAT SEIN SYSTEM
Jeder hat sein System
Der eine redet viel
Der andere stellt das fest
Ein dritter wundert sich darüber
oder über die plötzliche Wärme der unscheinbaren Heizung
"Man kommt ja nicht zu Wort"
Dann käme er allerdings aus dem Osten
Einer aus dem Westen würde sage:
"& ich habe sogar noch welche im Kühlschrank"
in: Der deutsche Lyrikkalender für junge Leser, Hrsg. von Shafiq Naz (Belgien, 2012) / in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung)
in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung) / übersetzt ins Russiche von Alischer Kijamow auf: www.stihi.ru 2013 und in: Mosty (Brücken) Nr. 40, Frankfurt am Main 2013, (www.le-online.org)
auf: Kulturnotizen, 2012 / in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung) / in: Gedichtzyklus, auf Tischdecken genäht, im Rahmen der Ausstellung "Haus im Haus" vom 22.09.2012 bis 07.10.2012 im Kloster Marienwerder / in: Poesiealbum Neu, hrsg. von Ralph Grüneberger (Leipzig, 2014) und ins Niederländische übersetzt von Romain John van de Maile in: De Vallei Nr. 41, 2019
PARISER PLATZ
wir gehören uns nicht:
alternden Wohnungsbesitzerinnen
vielleicht
mit Schildkrötenhälsen, die uns auf einen Kaffee
in ihre vermoderten Wohnungen locken
und selbst in einer
Zigarettenschachtel hausen
Du willst mir nicht
glauben, dass das der Pariser Platz ist
kümmerst dich
fürsorglich um meine abgefallenen Schutzbleche
wir
haben ein kleines Kind
in einer viel zu weiten weißen
Strumpfhose
die Besitzerin vom Second-Hand-Laden weiß, dass
es ein Geschenk werden soll
für den Handwerker, der keinen
Hintern in der Hose hat
dafür aber jede Menge Zeit
nach Paris? aufs Land! aufs Land!
in: Versnetze_fünf, Hrsg. Axel Kutsch, Weilerswist 2012 / in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung)
in: außerdem 18, München, Herbst 2011
DER STAR
I.
Es ist kalt. Eine Frau in kurzer Hose geht über die Straße,
ein Star fragt sie, ob er ihr was vorschnupfen darf.
Dann erklärt er ihr, dass er zu jeder Zeit was essen
kann und sie gehen in ein Lokal. Frauen seien empfindlich,
sagt er. Ich weiß nicht, was er meint. Die Frau auch nicht.
Sie erzählt, dass sie viel getrunken hat. "Und dann?", fragt der Star.
"Was und dann?", fragt die Frau. "Ich dachte an Tina, die snowboarded",
war seine Antwort. Plötzlich freut sie sich, dass die Zeit vergeht und
nicht mit den Fingernägeln über ein Garagentor kratzt. Draußen fährt
eine leere Straßenbahn vorbei. Und noch eine.
II.
Sie guckt lange in die Karte und bestellt dann nichts.
Er saugt am Bügel seiner Brille, hat aber trotzdem einen
stechend scharfen Blick. Zwei Frauen kommen herein, eine Hand
an der Türklinke, die andere zum Gruß erhoben. Sie kennen den Star.
Sie setzen sich dazu. "Haben Sie auch lauter erstochenes Geflügel
in ihrem Wohnzimmer hängen, so wie er? Oder hören Sie lieber Musik?",
fragt die Frau die zwei Frauen. Die verstehen die Frage nicht.
Es ist nämlich laut geworden. Ihr "Tschüss" hören sie auch nur durch
die Würze des Ü‘s oder dessen Güte. "Sonst geht‘s mir eigentlich ganz gut",
sagt sie. Aber schon mehr zu sich selbst. Eine leere Straßenbahn fährt vorbei.
Dann noch eine.
in: Wortnetz, 1 / 2010
in: Wortnetz, 1 / 2010
Sonderedition der Literaturtankstelle Decius in Zusammenarbeit mit dem Buchdruckmuseum und der Redaktion langeleine, Hannover 2008
WEIHNACHTEN, VORGESPULT
Ich schminke mich, weil Weihnachten ist
doch wir haben keine
Zeit, uns anzuschaun
anfassen, mit beiden Händen voller
Taschen
geht auch nicht
in die kalte Sonne laufen,
einer Idee nach
eine leere Krippe kaufen, Oma weg, Max im
Dreck...
an der Tür der Tiefgarage steht "-1"
Ich
schaue auf
Wortnetz 3, Hannover 2006 / in Versnetze_sechs - Deutschsprachige Lyrik der Gegenwart, Hrsg. Axel Kutsch, Weilerswist 2013
DAS PARFUM DES ZAHNARZTES
ich hab gar keine Angst
ich friere nur
mein Freund ist mir am fernsten am Fenster
das Parfum des Zahnarztes - einsam wie ein Aquarium
die Fontäne im Wintergarten, eben stillgelegt und beleuchtet, wohin das alles
aber ich seh mich da mit dem Rad langfahren, den Umwegweg
kaum wahr der Regen
kaum war ich hier
in: Laufschrift Nr. 14, Fürth 2003 und in: Nationalbibliothek des deutschsprachigen Gedichtes, VI, München 2003 und in: Die literarische Venus, Dorstener Lyrikpreis 2003, HW-Verlag Dorsten, Hrsg.: Wolfgang Klinger, Edelgard Moers, Erich Pfefferlen, Werner Wenig, Wolfgang Westphal, Wolfgang Wiemer
in: Laufschrift, Magazin für Literatur, Nr. 11, Fürth 2001
in: Tränen, eine Anthologie, Geest Verlag, Großenkneten 2000
in: Lokal 4, Hannover 1998 / in: Wie kann das sein, Bordenau 2013 (siehe Einzelveröffentlichung) / übersetzt ins Russiche von Alischer Kijamow auf: www.stihi.ru 2013 und in: Mosty (Brücken) Nr. 40, Frankfurt am Main 2013, (www.le-online.org)
in: Lokal 4, Hannover 1998
in: Lima II, Bonn 1995, Zeitschrift des BvjA
in: Lima II, Bonn 1995, Zeitschrift des BvjA
in: Lima II, Bonn 1995, Zeitschrift des BvjA
in: Unicum 3, Bochum 1995 und auf: fixpoetry.com, 2014
KONFLIKTE
"Konflikte" kommt von "Fliegen"
Und müsste eigentlich
"Konfliegte" heißen
"Also ich habe keine Angst vorm Fliegen"
Sagte KM und steckte sich eine Feder an den Hut
Der Sonnenaufgang ist erst möglich
Wenn ich eine
Rechenaufgabe gelöst habe
: Biege in den dunklen Gassen
Viermal im rechten Winkel nach rechts ab
Gotische Fenster
öffnen sich von allein
Und du erwachst auf einer Wiese, wo
du Luftballons
Für die Kinder aufblasen musst
Hast
aber so eine furchtbare Angst, daß sie zerplatzen
Und bläst
sie deswegen auch nur wenig auf
An der Theke triffst du KM
(siehe Anfang)
in: Über das Leben, die Uni und den ganze Rest, Hrsg: Hermann-Josef Billstein, Hartmut Kasper, Bochum 1994 (Auszug aus "Variationen über die Stille")
in: Über das Leben, die Uni und den ganze Rest, Hrsg: Hermann-Josef Billstein, Hartmut Kasper, Bochum 1994
in: Zauberspiegel Nr.5, Hannover 1990 (Auszug aus "Georga")
in: Zauberspiegel Nr.5, Hannover 1990